KI im Recruiting: vom Hype zur Hilfe

Das Thema Künstliche Intelligenz (KI) – im Allgemeinen und speziell im Recruiting – ist nicht neu, hat durch generative large language Modelle (LLM) wie ChatGPT aber einen neuen Schub erfahren. Dabei sind diese Tools mehr als ein Hype und können bei einem bedachten Einsatz zur Hilfe im Recruitingprozess werden – für alle Seiten.

KI für alle

Signifikante Fortschritte in der Technologie und die Zugänglichkeit von Tools haben unseren Umgang mit KI im Alltag verändert. An vielen Stellen wird bereits täglich mit neueren KI-Modellen gearbeitet, die auf neuronalen Netzen und großen Sprachmodellen, die durch riesige Datenmengen trainiert wurden, basieren. Diese Modelle können menschliche Sprache analysieren und generieren, komplexe Aufgaben lösen und kontextabhängige Antworten geben, was sie vielseitig einsetzbar macht. Zudem überzeugen die Tools durch ihre Benutzerfreundlichkeit, welche eine regelmäßige Nutzung zusätzlich fördert.

Vorteile für Bewerber*innen

Wenig überraschend, dass Bewerber*innen ebenfalls verstärkt KI-Tools für die Erstellung ihrer Bewerbungen nutzen. Dies zeigt z. B. eine im Auftrag von softgarden, Anbieter einer Recruiting- & Bewerbermanagement-Software, durchgeführte Kurzumfrage im September 2023. Von 2.674 Bewerber*innen gaben 19 % an, dass sie bereits mit KI ihre Anschreiben verfassen. 36,6 % waren einer Nutzung nicht abgeneigt.

Die Vorteile für Kandidat*innen zeigte Julia Junge, Organisationsentwicklerin und Coach mit Schwerpunkt auf Digitalisierung im Non-Profit-Sektor, beim letzten Inspiring Lunch People & Culture eindrücklich auf. Sie präsentierte ein von ChatGPT erstelltes Anschreiben, dass sie mit zehn Minuten Arbeitsaufwand erstellt hatte. Die anwesenden Personalverantwortlichen waren sich einig: Sie haben regelmäßig deutlich weniger ansprechende Anschreiben im Postfach.

Für die Erstellung des Anschreibens hatte unsere Referentin vorab eine Stellenausschreibung sowie ihren Lebenslauf in ChatGPT hochgeladen und drei Stichworte geliefert, warum sie für diese Stelle geeignet sei.
Daraufhin erhielt sie Feedback, welche Erfahrungen und Qualifikationen sie in der Bewerbung herausstellen und wie ihren Lebenslauf anpassen sollte. Innerhalb kürzester Zeit ist ein Motivationsschreiben erstellt, welches ebenfalls mithilfe von KI leichter gekürzt oder begeisternder begonnen werden kann.

Konsequenzen KI-generierter Bewerbungen

Das Beispiel während unserer Online-Eventreihe zeigt deutlich: Formulierungskompetenz ist kein Qualitäts- oder Motivationskriterium mehr. Denn KI-generierte Texte sind oft nicht unterscheidbar von selbst geschriebenen Texten.

Das Anschreiben zeigt wahrscheinlich vielmehr, wie gut eine Person mit KI-Tools umgehen kann. Dies kann ebenfalls als Eignungsmerkmal gesehen werden, sofern der Umgang mit KI im Anforderungsprofil der jeweiligen Stelle enthalten ist. Die Motivation und darüber hinaus gehende Eignung müssen jedoch mit anderen Instrumenten geprüft werden.

Erleichterungen im Recruitingprozess

Doch auch auf Seite der Personaler*innen bietet der Einsatz von KI-Tools Möglichkeiten, den Recruitingprozess zu vereinfachen oder zu beschleunigen.

Einsetzen lässt sich KI z. B. bei der Erstellung oder Verbesserung von Stellenausschreibungen. Natürlich kann das Tool nicht vorgeben, welches Profil eigentlich in der Organisation benötigt wird. Herrscht darüber jedoch Klarheit, lassen sich schnell ansprechende Formulierungen und flüssige Übergänge generieren. Beschleunigt wird durch die Nutzung auch die Recherche nach passenden Kanälen und Plattformen zur Streuung der Stellenausschreibung.

Im weiteren Prozess kann KI z. B. bei der Erstellung von passenden Aufgaben oder Gesprächsleitfäden unterstützen oder anonymisierte Daten in übersichtliche Tabellen überführen.

Grenzen von KI im Recruiting

Auch wenn KI im Recruiting nicht verboten werden sollte (und es de facto nicht möglich ist), gibt es Grenzen beim Einsatz von KI-Tools im Recruiting, die unbedingt zu beachten sind.

Folgende Punkte sollten beim Einsatz von KI in Ausschreibungsprozessen durchgehend berücksichtigt werden:

  1. Kein Instrument für die Vorauswahl: Generative KI sollte nicht zur (Vor-)Auswahl genutzt werden, da die Bias nicht vorherzusehen sind.
  2. Datenschutz beachten: Personenbezogene Daten dürfen nicht eingegeben werden. Die Bewerber*innen haben der Verarbeitung von personenbezogenen Daten durch generative KI-Tools nicht zugestimmt und eine Löschung der Daten kann nicht mehr aus eigener Hand gewährleistet werden.
  3. Erstellen Sie keine Persönlichkeitsprofile mit KI: Gegen den Einsatz von Tools zu solchen Zwecken bestehen erhebliche rechtliche und ethische Bedenken. Ihr Einsatz stellt daher nicht nur ein Compliance-Risiko dar, sondern birgt auch die Gefahr eines Vertrauensverlustes in der Öffentlichkeit. Die Umsetzung der EU KI-Verordnung (AI Act) auf nationaler Ebene wird dahingehend weitere Klarheit bringen.

Stetig im Wandel

Wie bereits die rechtliche Situation bzgl. des Umgangs mit KI, wird sich auch das Recruiting in den kommenden Jahren weiterentwickeln. Was ebenfalls feststeht: Auch viele Jobprofile im Non- und im For-Profit-Sektor werden sich stark verändern. Umso wichtiger, jetzt die Möglichkeiten und Herausforderungen beim Einsatz von KI in der alltäglichen Arbeit kennenzulernen und laufend zu bewerten.


Sie haben den letzten Inspiring Lunch People & Culture zum Thema KI im Recruiting mit Julia Junge verpasst?

Dann melden Sie sich jetzt für unseren zweimonatlichen Newsletter Insights an, um in Zukunft rechtzeitig über Events informiert zu werden.
Hier geht’s zur Newsletter-Anmeldung >>